Kurkantor Michael Kristahn aus Leverkusen an der Orgel in St. Anna in Augsburg
Bild: Irmgard Hoffmann
Augsburg St. Anna
Urlaub mit Orgel
Für vier Wochen ist Kirchenmusiker Michael Kristahn aus Leverkusen sogenannter „Kurkantor“ in St. Anna, spielt die Orgel bei Gottesdiensten und Andachten und vertritt Kantor Michael Nonnenmacher. Möglich gemacht hat das ein Angebot der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern im Bereich „Kirche und Tourismus“. St. Anna wurde dieses Jahr neu in die Liste der 40 Kurkantorate in Bayern aufgenommen.
„Es war nicht sicher, ob ich genommen werde“, sagt Kristahn. Doch als studierter A-Musiker, der seit 50 Jahre Kirchenmusik macht, überzeugte er mit seiner Qualifikation. „Zu meinem Schrecken habe ich erstmal 20 Schlüssel ausgehändigt bekommen. Mittlerweile habe ich sie aber wirklich für die Kirche, die vier Orgeln und Büroräume schon alle gebraucht.“ Neben seinem Dienst hat der Musiker Zeit, Stadt und Land zu erkunden. „Für mich ist das die perfekte Kombination, denn ich liebe das Orgelspielen und bin gern dort, wo es etwas Besonderes zu sehen gibt.“
In Augsburg beeindrucken ihn die Kultur- und Stadtgeschichte, der liebevolle Umgang mit der Tradition und die kurzen Wege ins Grüne. Auch die Menschen haben es ihm angetan: „Ich spüre, dass man mich mit Wertschätzung wahrnimmt. Man schaut sich hier in die Augen. Das gefällt mir!“ Allerdings bleibt nicht so viel Zeit für Ausflüge. „Ich muss an der Orgel üben und mir die Werke hart erarbeiten.“ Das habe mit seinem Ehrgeiz zu tun, aber auch mit der besonderen Bauweise der St.-Anna-Orgel. „Die Orgel ist wie ein Puzzle: Man muss Einstellungen und Register oft mühsam suchen. Aber wenn man sucht, findet man auch und das ist dann sehr befriedigend.“ Außerdem fasziniere ihn, wie der herrliche Raum der St.-Anna-Kirche die Orgel zum Klingen bringe.
Die Kirchengemeinde St. Anna lässt Michael Kristahn viel künstlerische Freiheit, die er zu nutzen weiß. Er hat Stücke extra neu für Augsburg einstudiert und sich ein eigenes Konzept für die „Orgelmusik zur Marktzeit“ ausgedacht: Den Beginn macht immer ein Werk von J. S. Bach. Darauf folgt ein unerhörtes Stück. Das sei doppeldeutig zu verstehen, so Kristahn: Noch wenig gehört, weil zeitgenössisch und zugleich fast unverschämt, weil es eine Zumutung für ungeübte Ohren sein könne. „Ich erkläre die Musik aber vorab kurz“, verspricht der Kantor. Den Abschluss bildet immer ein Werk von Théophile Stern, einem elsässischen Komponisten aus dem 19 Jahrhundert, dessen Orgelromantik Kristahn ebenfalls sehr schätzt.
08.11.2023
Irmgard Hoffmann